Fermentieren macht Gemüse haltbar und bekömmlich und erfreut sich derzeit großer Beliebtheit. Experte Olaf Schnelle erklärt, wie’s geht.
Salzgurken, saure Bohnen, koreanisches Kimchi oder klassisches Sauerkraut – fermentiertes Gemüse begegnet uns im Alltag immer wieder. Fermentation ist eine altbewährte Methode, um Lebensmittel ganz ohne Einkochen oder Zusatzstoffe haltbar zu machen und sie geschmacklich zu veredeln. Gemüse wird dafür gesalzen oder in Salzlake eingelegt, luftdicht verschlossen und für mehrere Wochen oder auch Monate eingelagert. Am Ende des Prozesses haben Kohl, Gurken und Co. nicht nur die bekannte fein-säuerliche Note erhalten, sie haben auch komplett neue Aromen und zusätzliche Vitamine und Enzyme gebildet. Gärtner Olaf Schnelle hat sich mit seiner Firma „Schnelles Grünzeug“ auf das Fermentieren spezialisiert. Im Interview erklärt er, worauf es beim Haltbarmachen ankommt.
Welche Gemüsesorten eignen sich zum Fermentieren?
Fast alle. Das einzige, was ich ausschließen würde, sind zarte, frische Kräuter und feinblättriges Gemüse wie Salat oder Spinat. Die werden zu Matsch. Abgesehen davon sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Wie viel Salz und wie viel Wasser brauche ich?
Beim Salz braucht es ein Verhältnis von 100:2. Das heißt: Auf 100 Gramm Gemüse und 100 Milliliter Wasser kommen je zwei Gramm Salz. Ich stelle aber erst einmal keine Lake her, sondern vermenge zunächst nur das Gemüse mit Salz und lasse es über Nacht stehen. Durch das Salz fängt das Gemüse an, einen eigenen Saft zu bilden. Am nächsten Morgen drücke ich es dann mit einem Krautstampfer in ein Glas. Sollte das nicht ausreichen und das Gemüse im Glas nicht vollständig mit Flüssigkeit bedeckt sein, gebe ich zusätzlich noch etwas Salzlake hinzu. Das ist aber oft gar nicht notwendig. Zum Fermentieren muss das Gemüse wirklich nur knapp bedeckt sein. Der Sinn dahinter ist, dass es vor Sauerstoff geschützt ist. Das ist quasi die Grundvoraussetzung für eine sauber ablaufende Fermentation.
Ist es notwendig, während der Fermentation Salzwasser nachzufüllen?
Nein, davon würde ich absehen. Nach spätestens drei Tagen ist die Fermentation derart stark in Gang, dass jeglicher Sauerstoff im Glas durch Kohlendioxid verdrängt worden ist. Das heißt: Der Luftraum ist gefüllt mit CO₂ und das allein verhindert schon, dass sich auf der Oberfläche Schimmel oder sogenannte Kahmhefen bilden können. Beide wären Anzeichen dafür, dass Sauerstoff im Spiel war.
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Ich empfehle zu Bio-Gemüse zu greifen, um es ungeschält verwenden zu können. Nur so bleiben alle Inhaltsstoffe erhalten und nur so können die Mikroorganismen auf der Schale ihre volle Wirkung entfalten.
Welche Gläser eignen sich für die Fermentation am besten?
Am besten eignen sich Drahtbügelgläser mit Gummidichtung. Sie lassen das überschüssige CO₂ ab, ohne dass man das Glas öffnen muss und neuer Sauerstoff hineinkommt. Denn das wäre, wie schon gesagt, der sichere Tod des Ferments. Einweckgläser mit Metallklammern funktionieren auch. Alte Marmeladengläser mit Drehverschluss sollte man hingegen besser nicht verwenden. Sie sind mitunter so fest verschlossen, dass sie durch den Überdruck tatsächlich explodieren könnten.
Wann ist die Fermentation abgeschlossen?
Das hängt vom persönlichen Geschmack ab. Wer ungeduldig ist oder zu viel Säure nicht mag, kann das fermentierte Gemüse schon nach einer Woche probieren. Man muss sich aber bewusst sein: Je früher man ein Glas öffnet, desto geringer ist die Haltbarkeit. Ideal ist eine Fermentationsdauer von drei bis vier Wochen. Dann ist das Ganze so stabil, dass es sich im Kühlschrank noch über Monate hält – selbst wenn man es immer wieder öffnet und zurück in den Kühlschrank stellt. Ungeöffnet hält sich fermentiertes Gemüse sogar ein bis zwei Jahre, ohne dass es an Qualität verliert. Im Gegenteil: Nach meiner Erfahrung wird es mit der Zeit eher noch besser. Dafür dürfen die Gläser aber nicht zu warm lagern. Nach der ersten Woche stellt man sie am besten an einen kühlen Ort wie zum Beispiel in die Speisekammer oder in den Kühlschrank.
Wollen Sie uns noch Ihr Lieblingsrezept verraten?
Natürlich. Mein Lieblingsrezept ist Sauerkraut mit Holunderblüten. Dafür gibt man einfach ein paar getrocknete Holunderblüten zum normalen Sauerkraut hinzu. Das schmeckt super!
Olaf Schnelle fermentiert in seiner Gärtnerei „Schnelles Gemüse“ überschüssige Feldfrüchte oder Gemüse, das nicht mehr auf dem Markt verkauft werden kann. 2017 rettete er so rund zwei Tonnen Gemüse vor dem Verderb. 2018 hat das BMEL ihn für sein Engagement mit dem Zu gut für die Tonne!-Bundespreis ausgezeichnet.