Als gelernter Koch bemängelt Vincent Fricke, wie unkreativ es in vielen Küchen zugeht – insbesondere bei der Resteverwertung von Lebensmitteln. Im Interview spricht er über seinen „Leftover“-Ansatz und gibt praktische Tipps für einen nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln.
Was hat Sie dazu gebracht, sich intensiver mit dem Thema Lebensmittelverschwendung auseinanderzusetzen?
Es war eine Entwicklung, die sich bei mir in den letzten Jahren sowohl im Beruflichen als auch im Privaten vollzogen hat. Mir ist klar geworden, dass mehr und mehr Leute mit Lebensmitteln nicht so umgehen, wie es eigentlich klug wäre. Insbesondere im Job ist mir aufgefallen, dass viele junge Köchinnen und Köche nicht so kreativ sind und Lebensmittel eher wegschmeißen, als sich einfach mal ein paar Gedanken zu machen.
Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, andere für das Thema Lebensmittelverschwendung zu sensibilisieren. Wie machen Sie das?
Aktuell habe ich mein Buch „Leftover: In deinem Kühlschrank steckt mehr, als du denkst“ veröffentlicht, immer wieder engagiere ich mich aber auch im Rahmen von Veranstaltungen. Teilweise überspitzen mein Team und ich das Thema zu solchen Anlässen bewusst, indem wir zum Beispiel „Gammelbilder“ von übriggebliebenen Nahrungsmitteln zeigen. Im Oktober organisieren wir zudem ein gemeinsames Kochevent, bei dem wir zusammen mit Interessierten Ideen und Lösungsvorschläge zu dem Thema Lebensmittelverschwendung sammeln.
In Ihrem Buch „Sonntagsbraten – Das Kochbuch“ beschäftigen Sie sich mit Möglichkeiten der Komplettverwertung von Fleisch. Dabei plädieren Sie nicht für mehr Fleischkonsum, wohl aber für den sorgfältigen Umgang mit Tierischem auf unseren Tellern.
Genauso ist es. Ob nun Fleisch oder Gemüse spielt letztlich keine Rolle. Wenn Blumenkohl wächst, dann fließen Energie und Arbeit in dieses Wachstum und es ist sinnvoll, möglichst das ganze Produkt zu verwerten. Genauso ist es mit Fleisch. Aus einer Tierzunge kann man einen hervorragenden Schmorbraten zubereiten. Und warum sollten Tierherzen nur zu Hundefutter verarbeitet werden?
Wo sehen Sie Handlungsbedarf bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern?
Nur weil eine Gurke eine matschige Stelle hat, heißt das nicht, dass sie schlecht ist. Ich empfehle, sich häufiger wieder auf die eigenen Sinne zu verlassen.
Haben Sie noch weitere nützliche und praktische Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher, die selbst weniger wegwerfen wollen?
Einfach mal was Neues ausprobieren! Kürzlich haben wir im Rahmen eines Pop-up-Restaurants verschiedene Lebensmittel ganzheitlich verwertet. Wenn man beispielsweise die Schale von Kohlrabi zusammen mit Apfelsaft kocht, lässt sich daraus ein leckeres Püree machen – ganz einfach auch für zu Hause. Dazu lassen sich prima Kartoffeln inklusive der fermentierten Stile servieren. Und schon hat man fast das ganze Gemüse verwendet und hinterlässt am Ende nicht Berge von Abfall.
Oder sich auch mal trauen, anderen Fleischprodukten gegenüber offen zu sein und das Gespräch mit einer Metzgerin oder einem Metzger zu suchen. Erfahrungsgemäß gefällt es denen, wenn man sich dafür interessiert, was sie den ganzen Tag machen. Also nicht immer direkt die drei Pfund Leberkäse, Leberwurst und Salami kaufen, sondern einfach mal fragen, was die Jungs und Mädels gerade noch in der Theke haben und was sie empfehlen können. Im Gespräch erzählen sie dann meistens auch ganz gerne, was man damit machen kann.