Seid ihr auch abends kaputt und habt nicht mehr die Muße frisch zu kochen, weil ihr im Homeoffice arbeitet und nebenbei die Kinder beschäftigt, weil Kitas und Schulen geschlossen sind? Oder gehört ihr zu all denen, die jetzt besonders gefordert sind, weil sie zum Beispiel im Gesundheitssystem, in der Pflege, im Supermarkt oder in den Verwaltungen arbeiten? Wir hätten da eine Idee, die etwas Erleichterung in den Alltag bringen kann: „Meal-Prepping“. Lest dazu unser Interview mit Holger Stromberg.
Holger Stromberg arbeitet seit über 30 Jahren in der Gastronomie. Als bisher jüngster Koch in Deutschland wurde er 1994 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, später begleitete er die Nationalelf als Mannschaftskoch. In seinem aktuellen Buch „Essen ändert alles“ beschäftigt er sich unter anderem mit dem Thema „Meal-Prepping“. Im Interview erzählt er, wieso die Corona-Krise auch eine Chance für mehr Lebensmittelwertschätzung in der Gesellschaft ist und warum jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um mit „Meal-Prepping“ zu beginnen.
Wir erreichen Sie vor Ort in der Schulverpflegungsnothilfe, wo Sie unter anderem die Kinder systemrelevanter Berufsgruppen versorgen. Wie haben Sie die letzten Wochen erlebt?
Für die Gastronomie ist es gerade in Zeiten von Corona, wie für viele andere Firmen und Branchen auch, ein Super-GAU. Irgendwie war es natürlich schon immer so, dass die Gastronomie es sehr, sehr schwer hatte und sie als Kulturzweig nicht so richtig gesehen wurde. Es ist aber natürlich noch einmal eine ganz andere Situation, nun quasi mit einem kompletten Wegbrechen des Umsatzes umgehen zu müssen.
Wir betreiben an diesem Standort hier normalerweise ein Schulcatering für rund 700 Kinder. Und nun sind es eben die Kinder von Ärztinnen und Ärzten, Krankenhausangestellten und anderen systemrelevanten Berufsgruppen, die noch hier sind. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich mittlerweile auch verständlicherweise aus Besorgnis abgemeldet und da springe ich eben selbst ein und koche.
Rückt die Lebensmittelverschwendung, die ja auch eines Ihrer Kernthemen ist, in solchen Krisenzeiten in den Hintergrund?
Solche Themen darf man nie außer Acht lassen, erst recht nicht in einer Situation wie dieser. Wir sollten uns nun wieder darauf besinnen, dass jedes Nahrungsmittel Ressourcen abverlangt, die endlich sind. Und dass es wichtig ist, dass wir diesen Ressourcen den größtmöglichen Respekt zollen. Wir haben lange in Saus und Braus gelebt. Glücklicherweise kann sich kaum jemand in Deutschland mehr vorstellen, was es heißt, wirklich Hunger zu haben. Aber vielleicht kann diese Krise dazu beitragen, dass alle Seiten wieder wertschätzender mit Lebensmitteln umgehen.
Viele sind aufgrund von Corona momentan zuhause und überlegen täglich neu, was sie kochen und wie sie planen sollen. Welchen Tipp haben Sie für Verbraucherinnen und Verbraucher in der aktuellen Situation?
Da bietet sich natürlich das Thema „Meal-Prepping“ ganz besonders an, über das ich auch in meinem Buch „Essen ändert alles“ schreibe. Ich sehe das aktuell als große Chance, sich gesund zu ernähren und gleichzeitig möglichst wenige Lebensmittel zu verschwenden. Beim „Meal-Prepping“ koche ich nicht aus dem Impuls heraus, sondern ich koche und bereite vor. Man muss kein erfahrener Koch dafür sein – Rezepte gibt es zuhauf. Man muss sich lediglich darauf einlassen, optimiert einkaufen und Dinge weiterverarbeiten.
Es hilft auch, Resteverwertung von Anfang an mitzudenken: Vor ein paar Tagen habe ich mir zum Beispiel einen Roggenpizzateig gemacht. Daraus wird heute ein Brot entstehen. Man kann immer wieder aus den Resten vom Vortag etwas Neues machen. Selbst die zwei übriggebliebenen Löffel Reis kann man wunderbar am nächsten Tag unter einen Salat ziehen.
Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um mit „Meal-Prepping“ anzufangen?
Aufgrund von Corona sind wir alle zum Stubenhocken verpflichtet, da brauchen wir unbedingt Vitamine. Einige heimische Obst- und Gemüsesorten sind da genau das, was unserem Immunsystem gerade guttut. Oft kaufen die Leute wenig Gemüse weil sie nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. Dabei ist es eigentlich einfach: Man kann fast jedes Gemüse im Wok anbraten oder sich einen Eintopf kochen – das Internet ist voller Rezepte dazu. Probieren Sie es aus!
Gerade bei Gemüse lohnt es sich außerdem wie bei kaum etwas anderem, „Meal-Prepping“ anzuwenden. Gemüse ist komplex, es kann vielfältig verarbeitet werden, und deswegen ist es so wichtig, dass man sich gut organisiert. Und das kann heißen: Gemüse kaufen und die Zwangspause zuhause nutzen, um sich mit dem Thema „Meal-Prepping“ zu beschäftigen. Die Einkaufsprozesse sind derzeit ja eher ein notwendiges Übel, dann können sie auch effizient gestaltet werden. Und danach Schnibbeln was das Zeug hält und das Gemüse zu tollen Gerichten für die ganze Woche verarbeiten.
„Meal-Prepping“
„Meal-Prepping“
„Meal-Prepping“ oder auch „Vorkochen“ ist gute Planung, passgenaues Einkaufen und durchdachtes Weiterverarbeiten von Lebensmitteln. Wichtig sind ein Wochenplan mit vielfältig einsetzbaren Zutaten, Kreativität und etwas Zeit. Mehr dazu beim Bundeszentrum für Ernährung.